Im Jahr 2024 fanden Europawahlen statt und 16-jährige konnten ihre Stimme abgeben. Durch die fehlende 5%-Hürde hatten auch Kleinstparteien wieder die Chance, ins Europäische Parlament einzuziehen: Für jeden also etwas dabei? Aber was?
Auf die Frage, was denn Europa sei, was es ihnen bedeute, gibt es von Schülern uneindeutige Antworten: Es sei ein Kontinent, es gäbe viele unterschiedliche Länder, vielleicht auch die Bemerkung, dass es keine Grenzkontrollen gäbe.
Ich habe es auf einen Versuch ankommen lassen und im Unterricht eine Telefon-Liveschaltung (aka einen Anruf) bei meiner Mutter, Geburtsjahr 1936, organisiert. Die gleiche Frage, eine eindeutige, spontane Antwort: Frieden!
Für mich bedeutet Europa ebenfalls: Eine Gemeinschaft von Staaten, die unterschiedlicher nicht sein können, und die ihre Bedürfnisse in zähem, manchmal extrem nervenden Ringen, friedlich ohne den Einsatz von Waffen, abgleichen.
Ein tolles Konzept. Aber verstehen es Jugendliche? Ist es nicht irre kompliziert und schwer zu durchschauen? Wäre es nicht viel einfacher, wieder ein paar Führungsfiguren mit einfachen Antworten und klarem Kurs zu haben? Dass es zuerst einmal ‘um uns und dann erst um Europa’ geht?
Meine private Befürchtung: Genau das erscheint für Jugendliche hoch attraktiv. Die Wahlergebnisse spiegeln das zum Teil wider. Auch wenn sich die Wähler der extremen Ränder letztlich gut gezielt ins eigene Knie schießen.
Europa ohne Begeisterung geht nicht
Was also ist zu tun? Eine staubtrockene, geschäftsmäßig graue Minimalkommunikation eines deutschen Bundeskanzlers Herrn Rechtsanwalt Olaf Scholz ist es nicht. Eines Kanzlers, der mit unseren wichtigen Nachbarn Frankreich und Polen – oder eher Polen und Frankreich? – fremdelt.
Europa ohne Begeisterung geht meiner Meinung nach nicht: Die europäischen Aufgaben und Schwierigkeiten sind so vielfältig, dass es wie bei einem Sportverein treue Fans braucht, die auch dann noch Fans sind, wenn es nicht so prickelnd läuft.
Wirklich jeder Jugendliche sollte ein kostenloses, sechs Wochen gültiges Bahnticket für ganz Europa bekommen. Ein Konzept, für das sich junge Europäer stark gemacht haben. Das Ticket gibt es, aber es ist begrenzt und man muss (darf?) sich bewerben. Selbstverständlich geht Europa auch mit dem Fahrrad, aber nicht erst durch die Interrailtickets gilt für mich:
Ich bin durch und durch Europafan!
Alternativen für Deutschland sind schlichtweg Betrug von Leuten, die extrem von dem europäischen Projekt profitieren. Sie betrügen die Leute, die ohne die Europäische Union mehr und nicht weniger Probleme hätten.
Meine zweimal 5-Eurocent zum Thema
Auf der Fahrradtour von Polen in die Ukraine, wieder zurück nach Polen und dann nach Litauen: Warte- und Kontrollzeit an der Grenze PL => UA, 45 Minuten, UA => PL 330 Minuten, PL => LT 0 Minuten.



Achja, dann war da noch ein Schüleraustausch mit Polen, bei der die Europäische Union die Mobilfunkanbieter noch nicht reglementiert hatte: Ein Schüler hatte wegen Roamings eine Rechnung von rund 50€, heute undenkbar (es sei denn, man erwischt das russische Mobilfunknetz in Kaliningrad…).
